Druckverband anlegen: Anleitung & Risiken - NetDoktor.de

2023-03-08 17:02:05 By : Mr. Shahin Abdu

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

Andreas Fromm ist Fachautor für Notfallmedizin und lehrt seit 2018 als Dozent an der Berufsfachschule für Notfallsanitäter und -sanitäterinnen der Feuerwehr Hamburg.

Ein Druckverband wird als Erste-Hilfe-Maßnahme bei stark blutenden Wunden angelegt. Er soll verhindern, dass der Patient gefährlich viel Blut verliert. Auch bei einer starken Prellung kann ein elastischer Druckverband sinnvoll sein. Lesen Sie hier, wie Sie einen Druckverband anlegen und was Sie dabei beachten sollten!

Blutet eine Wunde stark fließend oder spritzend, ist es wichtig, den Blutverlust möglichst schnell zu stoppen. Dazu sollten Sie einen Druckverband anlegen. Verwenden Sie dazu am besten eine sterile Wundauflage, ein Verbandpäckchen als „Druckmittel“ sowie entweder eine Mullbinde oder ein Dreieckstuch zur Befestigung.

Richtig angelegt kann der Druckverband nicht nur einen übermäßigen Blutverlust verhindern, sondern auch vor einer Infektion schützen. Denn bei stark blutenden Wunden sind die Hautschichten und meist auch das darunterliegende Gewebe (stark) geschädigt. Über diese offene Wunde können Keime leicht in den Körper eindringen.

Bevor Sie bei einem Verletzten einen Druckverband anlegen, sollten Sie sich dünne Schutzhandschuhe (z.B. aus Latex, Vinyl etc.) überstreifen. Das hat einen doppelten Zweck: Zum einen sinkt so das Risiko, dass Keime von Ihren Händen in die Wunde gelangen. Zum anderen schützen mit Einmalhandschuhen auch Sie selbst vor Infektionen durch direkten Blutkontakt. So verhindern Sie die Übertragung möglicher Krankheiten des Patienten wie Hepatitis C über kleine offene Wunden an Ihren Händen.

Einmalhandschuhe sowie alles andere, was Sie für einen Druckverband benötigen, finden Sie im Erste-Hilfe-Kasten. Einen solchen Kasten sollten Sie griffbereit zuhause haben. Im Auto muss sogar ein kleiner Erste-Hilfe-Koffer vorhanden sein.

Müssen Sie als Erste-Hilfe-Maßnahme einer Verletzung einen Druckverband anlegen, folgen Sie diesen Schritten:

Wenn Sie Erste Hilfe bei einer blutenden Wunde leisten, sollten Sie immer auch mögliche Schockanzeichen des Patienten achten. Prüfen Sie regelmäßig Atmung und Puls und leiten Sie bei Bewusstlosigkeit entsprechende Maßnahmen ein.

Wird oder ist der Betroffene ohnmächtig, atmet aber selbstständig, bringen Sie ihn in die stabile Seitenlage bis der Rettungsdienst. Atmet der Patient nicht mehr, beginnen Sie sofort mit der Wiederbelebung (Reanimation).

Wenn der Betroffene eine Amputationsverletzung erlitten hat, legen Sie den abgetrennten Körperteil (z.B. Finger) in ein steriles Tuch, wickeln sie ihn ein und verpacken ihn in einem luftdichten Plastikbeutel. Legen Sie den Plastikbeutel in einen zweiten Beutel mit Eiswasser. Das erhöht die Chancen, dass ein Chirurg den abgetrennten Körperteil in der Klinik wieder annähen kann.

Statt einer Binde können Sie zur Ersten Hilfe bei einer Verletzung auch ein Dreieckstuch verwenden, um einen Druckverband anzulegen:

Bei einer stark blutenden Wunde an Finger bzw. Fingerkuppe genügt oft ein Fingerkuppenverband. Schneiden Sie aus einem großen Pflaster beidseitig mittig einen Keil heraus. Kleben Sie erst die eine Hälfte über die unverletzte Fingerseite und klappen Sie die andere dann über die Fingerkuppe. Klebeflächen umschlagen.

Ist die Blutung so stark, dass sie durch den Druckverband durchsickert, legen Sie einen weiteren Verband an. Legen Sie ein zweites Druckpolster über die Wunde und befestigen Sie es mit weiteren Mullbinden und knoten Sie diese zu.

Vor allem bei stark blutenden Wunden an Armen oder Beinen (z.B. Stichwunden, Schnittwunden, Platzwunden) ist ein Druckverband die richtige Erste Hilfe Maßnahme.

Manchmal ist auch ein Druckverband am Kopf nötig. Er ist allerdings schwerer zu befestigen. Wenn sich das Druckpolster nicht oder nur unzureichend mit einer Binde befestigen lässt, müssen Sie oder der Verletzte selbst das Druckpolster mit der Hand andrücken und festhalten, um die Blutung zu stoppen.

Auch bei einer Prellung kann ein elastischer Druckverband sinnvoll sein. Es handelt sich dabei nicht um eine offene Wunde, sondern eine geschlossene, stumpfe Verletzung, die man sich etwa durch einen Stoß, Schlag oder Aufprall zuzieht (zum Beispiel beim Sport). Das Blut aus verletzten Gefäßen sickert hier also ins Gewebe statt nach außen abzufließen.

So können ein schmerzhafter Bluterguss und eine Schwellung entstehen. Dann hilft die PECH-Regel:

Der Druckverband erzeugt einen Gegendruck von außen. Das begrenzt den Bluterguss und die Schwellung.

Als Ersthelfer sollten Sie einen Druckverband nicht zu fest anziehen. Anderenfalls könnte die Blutversorgung komplett unterbrochen werden. Zudem kann zu starker Druck Nervenbahnen verletzen. Deshalb immer die Areale um den Druckverband herum kontrollieren: Verfärben sich etwa durch den Druckverband Finger bzw. Zehen (bei einem Druckverband am Arm bzw. Bein) oder fühlen sie sich sehr kalt an, ist der Verband wahrscheinlich zu fest. Lockern Sie ihn dann etwas.

Legen Sie keinen Druckverband am Hals an! Er könnte den Blutfluss zum Gehirn oder die Atmung unterbinden.

Bei Stichverletzungen steckt manchmal noch der spitze Gegenstand in der Wunde. Das erschwert das Anlegen des Druckverbandes. Ziehen Sie ihn aber auf keinen Fall heraus! Das würde die Blutung verstärken. Bauen Sie stattdessen das Druckpolster um den steckenden Gegenstand herum und wickeln Sie auch die Binde nicht darüber.

Trotz dieser Warnhinweise sollten Sie keine Angst haben, einen Druckverband anzulegen. Das Risiko, dabei etwas falsch zu machen, ist geringer als die gesundheitliche Gefahr, die von einem starken Blutverlust ausgeht, wenn Sie nichts tun: Ein Blutverlust von mehr als eineinhalb Litern kann für einen erwachsenen Menschen bereits lebensgefährlich werden; bei Kindern reicht dafür schon ein geringerer Blutverlust. Scheuen Sie im Notfall also nicht vor einem Druckverband zurück!

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

Andreas Fromm ist Fachautor für Notfallmedizin und lehrt seit 2018 als Dozent an der Berufsfachschule für Notfallsanitäter und -sanitäterinnen der Feuerwehr Hamburg.

Erhalten Sie die neuesten Nachrichten und wertvolle Tipps rund um Ihre Gesundheit

NetDoktor arbeitet mit einem Team aus Fachärzten und Journalisten. Wir bieten Ihnen unabhängige und umfassende Informationen rund um die Themen Gesundheit und Krankheit. Sie finden bei uns alle wichtigen Symptome, Therapien, Laborwerte, Untersuchungen, Eingriffe und Medikamente leicht verständlich erklärt. Wir erstellen ausführliche Specials zu Themen wie Sport, Ernährung, Diabetes oder Übergewicht. Journalisten berichten in News, Reportagen oder Interviews über Aktuelles in der medizinischen Forschung. In der Rubrik Test & Quiz können Sie schließlich selbst aktiv werden!

Die Informationen dürfen auf keinen Fall als Ersatz für professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Ärzte angesehen werden. Der Inhalt von NetDoktor kann und darf nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen anzufangen. © Copyright 2023 NetDoktor - All rights reserved - NetDoktor.de is a trademark