Die italienischen Güterkraftverkehrsverbände haben mit der Unternehmensvereinigung beim Europäischen Gerichtshof Einspruch eingereicht. Sie versuchen damit erneut, gegen die von Tirol verhängten Transitverbote vorzugehen. Der Obmann des Transitforums Fritz Gurgiser nimmt indes die Spitzenpolitik in die Pflicht.
Die Verbände ANITA, FAI und FEDIT wollen ihren „rechtlichen Kampf auf europäischer Ebene fortsetzen“, nachdem sie mit ihrer Klage gegen die EU-Kommission wegen der von Tirol verhängten Transitverbote vor dem Europäischen Gericht gescheitert waren.
„Die juristischen Voraussetzungen sind dafür vorhanden“, hieß es in einem Schreiben am Dienstag. Die Verbände seien der Ansicht, dass die Maßnahmen der Europäischen Kommission in dieser Angelegenheit ineffektiv und gleichzeitig mangelhaft waren. Es sei daher notwendig, unverzüglich Klarheit zu schaffen. Die Entscheidung des Gerichts, mit der die Klage der Verbände abgelehnt worden war, basiere „auf veraltete Kriterien der Rechtsprechung, ohne die aktuellsten Urteile des Gerichtshofs zu berücksichtigen, die stattdessen ähnlichen Klagen von Privatpersonen stattgegeben haben“, wurde argumentiert.
Die Verbände beklagten „einseitige Beschränkungen für den Straßentransit von Lastkraftwagen“. Sie protestierten außerdem wegen „wiederholter Verletzungen der Grundsätze des freien Warenverkehrs und des fairen Wettbewerbs in der EU“.
Indes meldete sich der Obmann des Transitforums Austria-Tirol, Fritz Gurgiser am Dienstag zu Wort. Er drängt Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) wegen des stark schwelenden Brennertransit-Streits auf europäischer Ebene einzufordern, dass Deutschland und Italien ihre Verpflichtungen aus der Alpenkonvention einhalten. Nehammer müsse dies beim nächsten Treffen der Staats- und Regierungschefs ansprechen, Gewessler beim Verkehrsministertreffen, sagte Gurgiser zur APA.
Darüber hinaus sei dann auch die Europäische Kommission als „Hüterin der Verträge“ gefordert, betonte Gurgiser. „Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten“, erklärte der Transitforum-Chef und erinnerte an eine entsprechende Bestimmung in der Alpenkonvention, wonach sich die Vertragsparteien, also auch Deutschland und Italien, unter anderem verpflichtet hätten, eine „verstärkte Verlagerung des Verkehrs, insbesondere des Güterverkehrs, auf die Schiene, vor allem durch Schaffung geeigneter Infrastrukturen und marktkonformer Anreize“ sicherzustellen.
Nun müssten endlich die „verkehrs- und finanzrechtlichen Rahmenbedingungen“ gestaltet werden – und zwar vor allem Deutschland und Italien mit ihrer Lkw-Maut „nach oben gehen“ und „unabdingbar“ eine Korridormaut implementiert werden. Es brauche in Sachen Maut einen „Gleichstand“ mit der Schweiz und Frankreich. Rund eine Million Umwegtransit-Lkw müssten vom bisher „billigsten Weg über die Alpen“ auf den „kürzesten Weg über die Alpen“ gelenkt werden.
Die österreichische Regierungsspitze dürfe sich nicht länger von „als Minister getarnten Frächterlobbyisten am Nasenring durch die Manege ziehen lassen“, meinte Gurgiser gewohnt wortgewaltig vor allem in Anspielung auf Italiens Verkehrsminister Matteo Salvini (Lega). „Man sollte, wenn einem auf die eine Wange geschlagen wird, nicht auch noch die andere hinhalten“, sprach sich Gurgiser dagegen aus, „Watschen“ einfach so hinzunehmen.
Salvini hatte zuletzt von der EU-Kommission die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich wegen der Tiroler Anti-Transitmaßnahmen gefordert. Denn durch diese würde der freie Personen- und Warenverkehr verhindert. Nach einem Treffen zwischen Salvini und Gewessler Ende Februar in Schweden blieben die Fronten zudem weiter verhärtet – mehr dazu in Gewessler über Salvini „extrem verärgert“.
Salvini ist übrigens am Mittwoch zu Gast in Bozen. Dabei wird es unter anderem eine Unterredung mit Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) und seinem Trentiner Amtskollegen Maurizio Fugatti geben. Im Anschluss folgt eine Pressekonferenz, bei der es um den „Warenverkehr entlang des Brennerkorridors“ gehen soll. Ob Salvini die Gelegenheit nutzen wird, um wie angekündigt einen Lokalaugenschein am Brenner durchzuführen, ist nicht bekannt – mehr dazu in Salvini kündigt Besuch am Brenner an.
red, tirol.ORF.at/Agenturen