Laeiszhalle: Cambreling dirigiert Neujahrskonzert mit gebrochenem Knöchel - Hamburger Abendblatt

2023-03-08 16:54:24 By : Ms. xie yun

Beim Haspa Neujahrskonzert in der Laiszhalle (v. l.): Harald Vogelsang, Sylvain Cambreling, Daniel Kühnel und Burkhard Schwenker.

Symphoniker Hamburg geben in der Laeiszhalle ein optimistisch stimmendes Haspa Neujahrskonzert – und begeistern Publikum.

Hamburg.  Für den Intendanten der Symphoniker Hamburg, Daniel Kühnel, beginnt das neue Jahr, wie er in seiner launigen Begrüßung zum Matinee-Konzert am Sonntag in der Laeiszhalle sagte, eigentlich doch erst mit dem Haspa Neujahrskonzert. Seit 2020 war es das erste Konzert dieser Reihe, das wieder live stattfinden konnte, nachdem es 2021 einmal gestreamt worden war und 2022 ganz ausfallen musste.

Burkhard Schwenker in seiner Doppelfunktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburger Sparkasse und der Symphoniker Hamburg ergänzte: „Es kann 2023 so weitergehen, es kann schlimmer, aber auch besser werden, wenn wir alle solidarisch bleiben, uns mental nicht unterkriegen lassen und unseren Optimismus behalten.“

Für Optimismus in künstlerischer Hinsicht sorgten die Symphoniker Hamburg unter ihrem Chefdirigenten Sylvain Cambreling daraufhin gleich in mehrfacher Hinsicht. Obwohl sich Maestro Cambreling ja einen schmerzhaften Knöchelbruch zugezogen hatte, ließ er es sich nicht nehmen, auch noch das Neujahrskonzert selbst zu leiten. Dafür musste er im Rollstuhl aufs Podium links außen gefahren werden und ging dann selbst auf zwei Krückstöcken zu seinem Podest, wo er Platz nahm und seinen linken Fuß in einer Knöchelbandage auf einer erhöhten Ablage ruhen ließ.

Das tat der Wucht und Energetik von George Enescus Klassikhit „Rumänische Rhapsodie Nr. 1 op. 11“ aber keinen Abbruch. Enescu selbst klagte ja immer wieder darüber, dass der Erfolg dieses kurzen, tanzfreudigen Werkes seine vielen weiteren Kompositionen in den Schatten stellen würde. Und tatsächlich ist es schade, dass viele seiner Werke Randrepertoire bleiben würden, wenn nicht Pianistinnen wie etwa Daria Parkhomenko beim Label Prospero gerade wieder mit Neuaufnahmen den Fokus zumindest auf sein Klavierwerk gerichtet hätten.

Die Symphoniker Hamburg jedenfalls zeigten, welch enorme Kraft in der „Rumänischen Rhapsodie“ mit ihren folkloristischen Themen steckt. Immer wieder unterbrachen Soli einer Bratsche oder der drei Flöten mit wilden Läufen und schrillen Piccoloflötenakzenten das Geschehen, ein massiver Blechbläserblock ließ nicht lang auf sich warten, und am Ende verbanden sich die vielen disparaten Elemente zu einem rauschenden Ganzen.

Eigentlich dachte man, das Stück würde jetzt mit einem massiven Schlussakkord enden, aber eine Generalpause wirkte wie eine Vollbremsung, bevor sich alles ganz verhalten in Wohlgefallen auflöste. Für Mozarts „Klavierkonzert Nr. 23 KV 488“ hatte der Pianist Lucas Debargue wegen eines Todesfalls in seiner Familie absagen müssen und wurde von Alexander Melnikov kurzfristig ganz phänomenal vertreten.

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Melnikovs feine, hochmusikalische Phrasierung, sein brillanter Anschlag und sein Wunsch, mit den Musikerinnen und Musikern so eng wie möglich in einen Austausch zu treten, machten das Konzert zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Wo er Pausen hatte, wandte sich der Solist mit dirigierenden Gesten dem Orchester zu, obwohl er das bei Cambrelings Gegenwart nun wirklich nicht hätte tun müssen, und lehnte sich bei einem Solo sogar einmal zurück, um den Blickkontakt zu einem ausgewählten Holzbläser besser herstellen zu können.

Mit der brillant dirigierten dritten Suite aus Igor Strawinskys „Der Feuervogel“ entließen die Symphoniker Hamburg ihr begeistertes Publikum schließlich ins neue Jahr, das musikalisch zumindest alle aufs Beste und Lebendigste eingestimmt hat.

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