Kein anderes Gelenk wird so stark strapaziert und so häufig verletzt wie unser Sprunggelenk. Der Grund dafür: Bei jedem Schritt lastet das Mehrfache des Körpergewichts darauf. Ein Orthopäde und Sprunggelenkschirurg erklärt, welche Hilfsmittel bei einer Verletzung geeignet sind.
Ohne Sprunggelenk wären wir überhaupt nicht in der Lage, aufrecht zu gehen. Diverse Bänder sorgen dabei für die erforderliche Balance und Koordination. Sie sind auch die eigentliche Schwachstelle des Gelenks, da sie relativ schnell überdehnen oder sogar reißen können.
Bei Sprunggelenk-Problemen sind Bandagen vielfach „Helfer in der Not“. Sie lassen Schwellungen nach Unfällen zurückgehen und haben zudem eine stützende Funktion: Das Sprunggelenk bekommt generell wieder Stabilität beim Gehen oder Laufen. Der anfällige Knöchel wird vor einem (erneuten) Umknicken geschützt. Darüber hinaus fördern Bandagen Muskelkoordination, Durchblutung und lymphatischen Rückfluss.
Der optimierte venöse Abfluss verbessert Regenerationsfähigkeit und Stoffwechselleistung. Das Risiko von Krampfadern und die Gefahr von Thrombosen sinken.
Was unterscheidet Bandagen von Orthesen? Bandagen bestehen in der Regel aus Textilien, unterstützt durch elastische Einsätze. Diese dienen, wie beschrieben, der Stabilisierung, etwa des verletzten Sprunggelenks.
Thomas Schneider ist Orthopäde sowie Fuß- und Sprunggelenkschirurg.
Orthesen sind weniger flexibel, aber weitaus komplexer im Aufbau. Sie verfügen über einen stabilen Rahmen und eine abgestimmte Mechanik aus Bügeln, Zügeln und Schienen. Sie haben die größte Eigenstabilität und bieten sicherlich den größten mechanischen Schutz des Gelenks. Sie ermöglichen dessen zuverlässige Ruhigstellung, aber zudem auch dessen gezielte Mobilisierung. Kurzum: Sie entlasten, stabilisieren und korrigieren Gliedmaße und Gelenke.
Aufgrund dieser Eigenschaften werden Orthesen seit Jahrzehnten als orthopädische Hilfsmittel bei angeborenen Fehlstellungen, bei Verschleißerscheinungen oder nach Verletzungen wie etwa einem Bänderriss eingesetzt. Bei Instabilität des Sprunggelenks können Orthesen in der Therapie aber auch in der Prophylaxe, also zur Vorbeugung angewendet werden.
Worauf kommt es bei meiner Orthese an? Grundsätzlich sollten Orthesen in enger Abstimmung zwischen Patient, Arzt und Orthopädietechniker angefertigt werden. Das medizinische Anforderungsprofil definiert exakt, welche Funktionen kompensiert werden sollen. Oftmals sind mehrfache Nachkorrekturen erforderlich, bis alle medizinischen Vorgaben erfüllt und ein perfektes Endergebnis erreicht ist.
Basis einer funktionsgerechten Anfertigung ist die umfassende Analyse. Dabei sind zwei Faktoren entscheidend: Handelt es sich um eine Orthese, die nur für eine bestimmte Zeitdauer eingesetzt werden soll? Etwa für die ersten Wochen nach einem operativen Eingriff. Oder soll sie den Patienten sozusagen lebenslänglich begleiten und eventuell dauerhaft eingeschränkte Körperfunktionen unterstützen?
Mikroprozessorgesteuerte Orthesen sind die neueste Entwicklung auf dem Gebiet orthopädischer Hilfsmittel. Damit lassen sich die verschiedenen Bewegungsabläufe - wie etwa das Treppensteigen oder Spazierengehen - programmieren und vom Patienten mit einem kleinen Sender steuern. Dies bringt sicherlich Vorteile, beispielsweise neue Beweglichkeit und Koordination, wenn diese aus neurologischen Gründen oder aufgrund von Strukturdefiziten stark eingeschränkt sind.
Robotische Orthesen können somit Funktionen des Bewegungsapparates ersetzen. Der Nachteil: Patienten werden dauerhaft von ihnen abhängig. Eine Rehabilitation der verlorenen Fähigkeit ist deshalb immer vorzuziehen.
Koordinative Übungen (wie Matten laufen oder Balance-Übungen auf einem Therapiekreisel/Wackelbrett) stabilisieren den Sprunggelenkapparat und beugen dem Umknicktrauma vor. Vor jedem Training oder Spiel die Waden gründlich aufwärmen und insbesondere die Fuß- und Schienbeinmuskeln trainieren.
Um einen anfälligen Knöchel vor dem Umknicken zu schützen, ist eine stützende Bandage sinnvoll. Kompressionsstrümpfe (am besten in einem Sanitätshaus anpassen lassen) fördern die Propriozeption, also die Wahrnehmung von Körperbewegung sowie die Schutzreflexe. Ist der Knöchel allerdings chronisch instabil, sollte die Ursache ärztlich ermittelt werden.
3. Nicht zu hohe Schuhe/Einlagen tragen
Von Sportschuhen mit eingearbeiteten, (zu) hohen Dämpfungssohlen besser die Finger lassen. Diese brauchen nur die wenigsten Läufer (dazu Fachberatung einholen). Grundsätzlich gilt: Die Schuhe sollten den Fuß nicht abschirmen, sondern die Wahrnehmung des Untergrundes ermöglichen. Je dicker die Sohlen oder je höher die Absätze, desto eher kommt es beim Umknicken zu schweren Strukturschäden am Sprunggelenk.
Als Laie ist es schwierig, sich für ein bestimmtes Hilfsmittel zu entscheiden. Hier sind die Erfahrung des Orthopäden sowie die klinische Untersuchung des Sprunggelenkes entscheidend. Die richtige Orthese ist perfekt zugeschnitten auf die gewünschte Belastung beziehungsweise die Art der Instabilität.
Nicht selten kommt es durch unterschiedliche Schäden der Bänder zu verschiedenen Instabilitäten. Dies muss bei der Anfertigung individuell berücksichtigt werden. Teilweise sind auch Einlagen als Hilfsmittel zusätzlich erforderlich, um der Instabilität, vor allem an den Innenbändern, entgegenzuwirken.
Ein Klassiker bei der Behandlung von Sprunggelenkverletzungen sind auch Tapes (englisch tape: „Band“). Dabei handelt es sich um ein Pflasterklebeband, dessen Funktion auf einer Zugwirkung an der Haut basiert. Das heißt: Über die Hautrezeptoren wird die Wirkung auf die gesamte Umgebung des Sprunggelenks übertragen. Es können also sehr gezielt die gewünschten Strukturen unterstützt werden.
Wann ist eine OP unausweichlich? Bei massiven Verletzungen mit Innenbandbeteiligung ist eine operative Behandlung meist unumgänglich. Instabile Sprunggelenke können - besonders wenn noch Fehlstellungen der Knochen vorhanden sind – zu einer schweren Arthrose im Sprunggelenk führen. Doch erfahrungsgemäß heilen 90 Prozent der Bandverletzungen mit Hilfe von Orthesen folgenlos ab. Bandrekonstruktionen sind also nur bei bleibender Instabilität erforderlich.
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